WB Justizvollzugsanstalt Rottweil Esch

Energiekonzept für die zweite Wettbewerbsstufe für den Neubau Justizvollzugsanstalt Rottweil Esch, Baden Württemberg, Deutschland für den Architektonischen Entwurf des Büro Hohensinn Architektur in Graz.

Architektur, Renderings und Schema Energiekonzept: Hohensinn Architektur

 

Gebäudehülle / Kompaktheit

Die Gebäudeform vereint eine kompakte Bauform zur Minimierung der Transmissionswärmeverluste und sorgt gleichzeitig für optimale Tageslichtnutzung in allen Bereichen. Die Gebäudehülle der  Unterbringungs- und Wohngebäude sowie der Bürogebäude entspricht der thermischen Qualität eines Passivhauses. Alle U-Werte unterschreiten die Vorgaben der EnEV 2013 um den ab 2019 geltenden Niedrigstenergiegebäudestandard erfüllen zu können. Dabei werden neben den thermischen Eigenschaften auch ökologische und ökonomische Aspekte berücksichtigt. Alle Fenster sind 3-fach verglast und sorgen so neben den minimierten Wärmetransmissionen durch Oberflächen nahe der Raumlufttemperatur für ein behagliches Raumklima. Die Dichtigkeit der Gebäudehülle minimiert in Kombination mit der kontrollierten Frischluftzufuhr und Wärmerückgewinnung minimale Lüftungsverluste. Wärmebrücken werden durch Methoden der Passivhaus Bauweise auf ein Minimum reduziert.

Energieerzeugung

Die Wärmeerzeugung erfolgt über Hackschnitzelheizkraftwerk und einem mit Hackschnitzel befeuerten Holzvergaser-BHKW außerhalb des gesicherten Bereichs, und einer Wärmepumpenanlage mit Eispeicher als Energiequelle. Optimal kann das BHKW auch mit Erdgas betrieben werden.

Das Holzvergaser-BHKW produziert aus lokal gewonnen Hackschnitzeln das ganze Jahr regenerativen Strom. Die Abwärme des BHKWs deckt ganzjährig den Warmwasserwärmebedarf der Vollzugsanstalt. Der ganzjährige Betrieb sichert eine ökonomische Betriebsweise. Das BHKW deckt somit ca. 33% des jährlichen Wärmebedarfs und 20% des jährlichen Strombedarf des Gebäudekomplexes mit regenerativer Energie. 50% des Heizwärmebedarfs und Heizwärmebedarfsspitzen werden über das Hackschnitzel Heizkraftwerk abgedeckt.

Zur optimalen Nutzung des solar gewonnen Stroms durch PV Anlagen und zur Kälteerzeugung kommt eine Wärmepumpenanlage mit Eisspeicher als thermische Speicher zum Einsatz. Als weitere thermische Energiequelle dem zentral gesammelten Abwasser der Anlage Wärme mittels Wärmetausche entzogen. Die Wärmepumpe erzeugt ca. 16% des jährlichen Wärmebedarfs und deckt den sommerlichen Kühlbedarf ohne zusätzlichen Energieeinsatz. Spitzenkühllasten werden über eine herkömmliche Kompressionskältemaschine mit adiabatem Rückkühler abgedeckt. Die FreeCool Funktion des Rückkühlers wird zur nächtlichen Wärmeabfuhr aktivierter Bauteile in den Gebäuden verwendet und reduziert den aktiven Kühlbedarf der Gebäude beträchtlich. Als weiterer thermischer Speicher wird die 200m3 große Löschwasserzisterne in das System eingebunden. Der Rückkühler steht auf dem Dach des Bürogebäudes.

Zur weiteren Stromproduktion kommen PV Systeme auf den Dächern und den nach Süd-Ost und Süd-West orientierten Fassaden der Wohngebäude zum Einsatz. Die PV Anlagen decken ca. 42% des jährlichen Strombedarfs. Um den Eigenverbrauch des solar gewonnenen Strom zu steigern kommen Batterien und eine intelligente Regelung zur Wärmeerzeugung mittels Wärmepumpe zum Einsatz. Eine Smart Grid Regelung und die Vernetzung aller Stromabnehmer ermöglicht das Ausnutzen von günstigen Stromspitzen durch thermische und elektrische Speicher. Ca. 38% des jährlichen Strombedarfs müssen dem öffentlichen Stromnetz entnommen werden.

Um in der Küche mit Gas kochen zu können wird ein Gasanschluss errichtet, der auch als Backup durch ein Gasbrennwertgerät als Wärmequelle für die Heizung und optional zur Versorgung des Gas-BHKWs verwendet werden kann.

Wärme- und Kälteübergabe

Bis auf die Büroräume werden alle Bereiche des Gebäudes über Fußbodenheizung temperiert. Die Böden werden im Hochsommer zur sanften Kühlung verwendet und beugen so einer sommerlichen Überhitzung vor. Zusätzlich aktivierte Stahlbeton Innenwände und Decken in den Büros sorgen in besonders belasteten Räumen für ein angenehmes thermische Klima im Sommer wie im Winter. Räume mit schnell wechselnden Anforderungen oder Nutzungen werden zusätzlich über schnellreagierende Konvektoren und Umluftkühl- und Heizgeräten temperiert. Prinzipiell kommt im gesamten Gebäude – soweit möglich – thermische Oberflächenstrahlung zur Temperierung der Räume zum Einsatz.

Frischluftversorgung

Sämtliche Innenliegende Räume, Büros Werkstätten, Zellentrakte, das Gewächshaus und die Turnhalle werden mechanisch mit dem mindesthygienischen Luftwechsel Be- und Entlüftet. Dabei kommen Volumenstromregler und CO2 Sensoren zum Einsatz. Die zentralen Lüftungsgeräte sind mit hocheffizienten Wärmerückgewinnungssystemen ausgestattet. In der Übergangszeit können alle Räume mit Fenstern händisch über die Fassade belüftet werden sofern eine Fensteröffnung aus sicherheitsrelevanten Gründen möglich ist. Die zentralen Lüftungsgeräte für die Büros, Werkstätten, Küche und Turnhalle befinden sind im Untergeschoss unterhalb der Küche. Die Lüftungsgeräte der Zellentrakte und somit auch der Krankenabteilung befinden sich im Untergeschoss der jeweiligen Gebäude. Die Wärmerückgewinnung erfolgt in diesen Bereich ausschließlich über Kreuzstromwärmetauscher um eine Rückführung der Fortluft als Frischluft zuverlässig verhindern zu können. Die Frischluftansaugung und Fortluftentsorgung erfolgt bei allen Lüftungsanlagen über Dach.

Warmwasserbereitung

Die Warmwasserbereitung erfolgt zum Einen zentral im Technikraum unterhalb der Küche und versorgt die Küche, Duschen Turnhalle, Büros und die Werkstätten. Das Warmwasser wird zur hygienischen Bereitung mittels Wärmetauscher direkt bei Bedarf erzeugt. Ein zentraler Heizungspufferspeicher speichert die nötige Energie und sichert die Warmwasserbereitung auch bei gleichzeitigem, hohen Bedarf in Spitzenzeiten. Eine Zirkulationsleitung sorgt für gleichmäßige Mindesttemperaturen in den Warmwasserverteilleitungen. Regelmäßige thermische Desinfektionen und hydraulischen Einregulieren des Verteilnetzes beugen Legionellen und anderen bakteriellen Verunreinigungen zuverlässig vor. In den Zellentrakten erfolgt die Warmwasserbereitung über dezentrale Warmwasserstationen pro Wohngruppe oder Geschoss. Die Wärmebereitstellung erfolgt über das Heizungsnetz. Dieses System minimiert die Zirkulationswärmeverluste und garantiert eine zuverlässige und hygienische Warmwasserbereitung.

Technische Erschliessung

Die Medienverteilung (Wärme, Kälte, Wasser, Abwasser, Luft und Elektroleitungen) erfolgt in den Gebäuden über senkrechte Schächte. Ein Kollektorgang unterhalb der Magistrale dient zur waagrechte Hauptverteilung von Wärme, Kälte, Wasser und Abwasser und Elektroleitungen zwischen Haupttechnikzentrale unter der Küche und den den übrigen Gebäuden. Die Medienverteilung in den Geschossen erfolgt in den Büroräumlichkeiten im Doppelböden, Luftleitungen werden offen an der Decke geführt. In den Zellentrakts wird die waagrechte Verteilung durch Nutzung von senkrechten Schächten pro Zelle, vermieden.

Tageslichtnutzung

Das gesamte Gebäude wurde unter Berücksichtigung optimaler Tageslichtnutzung entwickelt. Transparente und semitransparente in Kombination von Oberlichten und optimierten Raumtiefen sorgen für eine optimale Tageslichtnutzung. Lichtsensoren und dimmbare LED Systeme minimieren den Strombedarf für die notwendige, künstliche Beleuchtung.

Regenwassernutzung

Das Regenwasser wird in einer unterirdischen Zisterne, bevor es in das Retentionsbecken außerhalb des Sicherheitsbereichs gleitet wird, gesammelt und für WC Spülung, Bewässerung im Freibereich und den adiabaten Rückkühler verwendet. Hierfür wird eine eigens Leitungsnetz zur Verteilung in den Gebäuden errichtet.

 

 

WB Justizvollzugsanstalt Rottweil Esch

Project Details

  • Client: Hohensinn Architektur
  • Start Date: April 2018
  • End Date: April 2018

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